Weltweit wird die Bevölkerung in den nächsten Jahren wachsen. Gleichzeitig werden sich die Ernährungsgewohnheiten derart ändern, dass der Nahrungsmittelbedarf stark ansteigt. Mehr als eine Verdoppelung der Nachfrage nach Nahrungsmitteln bis 2050 ist deshalb sehr gut vorstellbar. Um diese Entwicklung zu bremsen, müssen wir alles daran setzen, um Verluste und die Verschwendung von Nahrungsmitteln zu reduzieren. Dennoch wird es in der Zukunft nötig sein, die Produktion von Nahrungsmitteln zu erhöhen und Wege zur Verbesserung der Ressourceneffizienz zu finden.
In grossen Teilen der Welt kämpft die Landwirtschaft mit den Folgen des Klimawandels. Zudem verknappen sich die global zur Verfügung stehenden Ressourcen zunehmend: Zum Beispiel geht jedes Jahr viel fruchtbarer Boden unwiderruflich verloren und auch die Bestände an Pflanzennährstoffen wie Phosphor sind nicht unendlich erweiterbar. Die notwendige Ausdehnung der landwirtschaftlichen Produktion muss deshalb geschehen, ohne dass die Menge an verwendeten Ressourcen zunimmt. Erreichen wir dies nicht, gerät das Welternährungssystem immer tiefer in einen Teufelskreis, der nur unter noch grösseren Anstrengungen wieder durchbrochen werden kann.
Auch die Schweiz ist Teil des Welternährungssystems
Von diesen Entwicklungen ist die Schweiz nicht ausgeschlossen. Ein grosser Teil der in der Schweiz verzehrten Nahrungsmittel wird im Ausland produziert und gelangt danach über den globalen Handel in die Schweiz. Ebenfalls wird ein grosser Teil der (knappen) Produktionsfaktoren wie Düngemittel oder fossile Energieträger importiert.
Wegen dieser engen Verflechtungen bin ich davon überzeugt, dass auch die Schweizerische Land- und Ernährungswirtschaft einen nachhaltigen Beitrag an die Ernährungssicherheit auf dieser Welt leisten muss. Dabei müssen wir jedoch berücksichtigen, dass die in der Schweiz sehr knappe Ressource Boden nicht nur die Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion ist, sondern auch für weitere Güter und Dienstleistungen wie zum Beispiel Biodiversität und Erholungsraum. Nicht immer – aber sehr oft – bestehen zwischen der Bereitstellung dieser verschiedenen Güter Zielkonflikte, die es bei der Gestaltung der Systeme zu berücksichtigen gilt. Auch bei der Nutzung anderer Ressourcen bestehen solche Zielkonflikte. Diese liegen oft in der Frage, ob wir eine Ressource heute nutzen oder sie für unsere Nachfahren schonen.
Effiziente Nutzung der Ressourcen vermindert Zielkonflikte
Um solche Zielkonflikte in der Schweiz – aber auch global – möglichst zu vermeiden, steht eine effiziente Nutzung der vorhandenen Ressourcen für mich an erster Stelle. Die Forschung, wie sie zum Beispiel am Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich oder an der Forschungsanstallt Agroscope durchgeführt wird, muss neue Wege aufzeigen, wie der Ressourceneinsatz im Verhältnis zur produzierten Menge deutlich verbessert werden kann.
Die Anwendung dieser neuen Erkenntnisse in der Praxis ist noch einmal eine andere Sache. Wo hier der Markt nicht dafür sorgt, dass effiziente Massnahmen in genügendem Umfang eingesetzt werden, zum Beispiel weil die verwendete Ressource auf dem Markt zur Zeit noch zu einem tiefen Preis zu erwerben ist, ist es am Staat, die Umsetzung der Massnahmen zu fördern. Mit der neuen Schweizer Agrarpolitik wird derzeit die Basis für solche Massnahmen gelegt. In diesem Sinne: Save and Grow – auch in der Schweiz.
Zum Autor
Bernard Lehmann ist Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW). Davor war er ordentlicher Professor für Agrarökonomie an ETH Zürich. Zitat und Kurzbiografie